Bruch, Blüte oder sicher – Hauptsache: Stil

Altes Buch mit Schreibübungen in schönes Schreibschrift. Daneben Federkiel und Tintenfass.
Sonntags-Ausgeh-Schrift

Beim heutigen #webmasterfriday geht es um den Schreibstil. Nicht nur um den, den wir Autoren an den Tag legen, sondern auch um den, den wir uns bevorzugt zu Gemüte führen.

Ich persönlich bin der Meinung, dass es relativ unerheblich ist, ob man versucht mit Hilfe von Fachvokabular den Leser zu einem Augenarzttermin zu ermutigen oder ihm mit einer Anhäufung von Kraftausdrücken den Appetit madig machen will. Das Gesamtbild ist das was überzeugt – oder eben nicht. Es geht also nicht nur um die Wortwahl, sondern auch um das Zusammenspiel mit dem Inhalt, Art der Präsentation, usw. – Insgesamt muss dabei ein harmonisches Ganzes erzeugt werden.

Berufs- und interessenbedingt lese ich sehr viel Fachliteratur. Das sind in der Regel trockene Themen und doch gibt es erheblich unterschiedliche Wege damit seitens der Autoren umzugehen. Bei manchen hat man das Gefühl den Pschyrembel rückwärts zu lesen, während direkt neben einem die Straße laut dröhnend geöffnet wird; bei anderen wird man an die Hand genommen und ganz gemächlich ans Ziel begleitet; wieder andere schreiben so euphorisch und blumig, dass es einer nahezu freundschaftlichen Unterhaltung gleicht, bei der man ganz unterschwellig einiges gelernt hat.

Das kann man in meinen Augen auf alle anderen Arten der Literatur übertragen. Es gibt Dichter, bei denen man das Gefühl hat, sie mussten das Versmaß zur Freude der Nachbarn laut mitstampfen um die Tinte aufs Papier zu bekommen, und andere, bei denen man eher Bilder sieht als Wörter zu lesen.

Ja, ich merke selbst, dass ich mich jetzt am liebsten in blumigen Vergleichen verlieren möchte wie ich mich einst in Bällen in dieser Garderobe für Kinder eines wahrscheinlich total und absolut unbekannten Möbelhauses irgendwo aus dem Norden einbuddelte. ;-)

Wie ich eingangs bereits erwähnte, muss für mich das Gesamtbild stimmen. Wenn ich einen düsteren Roman angekündigt bekomme und die Protagonisten Goldlöckchen von der Palmeninsel und Edelbert der Minnesänger heißen, verzichte ich nur aus Umweltfreundlichkeit auf sinnlose Zerstörung. :eek: Andersrum würde ich aber auch arg schlucken, wenn ich meinem Sohn aus einem Büchlein über den Schlächter von Kuscheltierhausen vorlesen sollte. :D

Ich für meinen Teil habe es gehasst in der Schule Texte aller Art zu sezieren und die Stilmittel-Organe zu entnehmen. Es gibt und gab sicher Autoren, die das architektengleich geplant und mit der Präzision eines Feinmechanikers niedergeschrieben haben. Aber mir persönlich widerstrebt dieser Gedanke. Mir ist trotzdem klar, dass man gerade bei Lyrik und Rhetorik mit bestimmten Stilmitteln viel Einfluss auf die Wirkung nehmen kann. Trotzdem würde ich einen heiteren Schüttelreim jederzeit bevorzugen. Denn: Stilmittel sind zwar effiziente Werkzeuge wie beispielsweise ein Brecheisen. Natürlich lassen sich damit Türen öffnen. Aber wer den richtigen Schlüssel hat, kann sich die Werkzeuge für andere Dinge aufsparen. :-)

Was lese ich gern

Gut, mit meinen blumigen Vergleichen können wir inzwischen in den Einzelhandel einsteigen. Vielleicht sollte ich noch ein paar Nadelstiche einfügen, dann könnten es Adventskränze werden. :D

Zur Fachliteratur habe ich mich ja schon geäußert. Hier also aus anderen Bereichen ein paar Beispiele für Autoren mit einer „Schreibe“, die mir als Leser gefällt:

Markus Cerenak kaufe ich seine Art in seinem Blog zu schreiben ab. Ich habe nie mit ihm gesprochen. Dennoch lasse ich mich von der lockeren Feder trotz zweifelsfrei ernster Themen gerne abholen. Es ist ein angenehmer Mix aus gewählter Ausdrucksweise und lockerem Vokabular; gewürzt mit fraglos persönlichen Fußnoten. Heraus kommt ein Bild, dem ich – naiv oder nicht – Authentizität attestieren würde.

Foto des Buches „Geheimnisse von Blut und Liebe: Dunkle Jagd“ geschrieben von Elke Aybar auf meinem E-Book-Reader
Geheimnisse von Blut und Liebe: Dunkle Jagd – Elke Aybar

Dann lese ich seit einer inzwischen nicht mehr nur gefühlten Ewigkeit ein Buch von Elke Aybar. Ich hoffe, sie verzeiht mir, dass ich so furchtbar langsam darin vorankomme. Es liegt nicht am Schreibstil oder Inhalt!
Es ist, wenn man es stereotypisieren will, eine Vampirgeschichte. Aber nicht aus der Schublade „Biss zum Erbrechen“, auch nicht das Drehbuch zu einem weiteren Teil der „Underworld“-Reihe. Irgendwo dazwischen liegt des Pudels Kern. Ich genieße ihre einfache Art der Sprache, die trotzdem – oder vielleicht gerade damit – so traumhaft plastische Bilder erzeugt. Sie versteht es Sinneseindrücke mit wenigen Worten sehr anschaulich zu beschreiben. Wofür Böll beispielsweise Seiten braucht, schreibt sie einen Satz. Es gleicht einfach dem Bericht einer Freundin; es hat etwas vertrautes ihr mit den Augen zu lauschen. :-)

Wie schreibe ich?

Comicfigur schreibt
Auch kreative Arbeit ist Arbeit

Tja, wie schreibe ich eigentlich? Ich schreibe aus dem Bauch heraus. Natürlich lese ich meine Texte nochmal durch und halte auch inne um mir durch die Gehirnwindungen purzelnde Dinge in Sätze zu verwandeln. Aber ich mache mir wenig Gedanken darüber ob euch Lesern meine Meinung gefällt. Das mag mancheine(r) jetzt etwas hart finden. Aber ich wäre nicht ich, wenn meine Meinung sich am potenziellen Feedback orientieren würde. Ich schreibe hier was ich denke. Ob das jetzt immer gesellschaftstauglich ist, wage ich zu bezweifeln. ;-)

Mein Kugelschreiber für besondere Anlässe
Schreiben mit Stil != Schreibstil

Dennoch bemühe ich mich um eine anständige Ausdrucksweise ohne mich zu verstellen, weshalb ich Kraftausdrücke nie gänzlich ausschließen würde. Ich versuche nicht ein Bild von mir oder einem Sachverhalt zu malen, sondern versuche meine Gedanken möglichst nachvollziehbar geordnet zu Papier oder besser Blog zu bringen. Mich freut jedes Feedback, was sich auf einem humanen Level bewegt. Ob man gleicher Meinung ist, spielt für mich keine Rolle. Denn diese Welt kann nur funktionieren, wenn man sich auch über Meinungsverschiedenheiten hinweg miteinander auseinandersetzt!

Wer es bis hierher geschafft hat, sollte also entweder mit einem fachlich kompetenten Mediziner über seinen übertriebenen Masochismus reden, leidet an maßloser Neugier oder aber hat Spaß das was ich hier so in den Äther puste zu lesen. Natürlich schließe ich weder weitere Möglichkeiten, noch Kombinationen aus. :D

Wer also Ergänzungen oder eine andere Sicht meiner Schreibweise hat oder Feedback anderer Art geben will, ist herzlich dazu eingeladen die Kommentarfunktion zu nutzen. Die ganz hartgesottenen unter euch können natürlich auch die ihnen zur Verfügung stehenden Mittel nutzen und von meinen hoffentlich hin und wieder zwerchfellgefährdenden Texten anderen erzählen. Manche Gerichte schmecken nur, wenn jemand (seinen) Senf dazugibt. ;-)

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Comic-Bild Gregor

Über den Autor

Ich bin Fachinformatiker, Berliner und ganz offensichtlich ein verrückter Blogger. Je nachdem überwiegt das ein oder andere.

Wer mehr über mich erfahren möchte, kann dies auf der „Über mich”-Seite tun, das Kontaktformular nutzen oder mich in einem der sozialen Netzwerke aufsuchen:

13 Kommentare zu „Bruch, Blüte oder sicher – Hauptsache: Stil

  1. Hallo Gregor,
    ich finde auch, dass der Bauch ein ganz guter Ratgeber für brauchbare Texte ist. Meiner ist da auch sehr häufig bis immer involviert. Ich wünsch Dir und Deinem Bauch noch viele gute Ideen und ein schönes Adventswochenende.
    HG Hans

    Antworten
  2. Hallo Hans!

    Danke für die stilblütenfreien Blumen :-) Der Advent wird automatisch seinen Teil dazu beitragen, dass genügend im Bauch landet, was dann nach dem Energieerhaltungssatz wieder in geschriebenes Wort umgesetzt wird. ;-)

    Dir und Deinen Lieben auch ein schönes erstes Adventswochenende! :-)

    LG
    Gregor

    Antworten
  3. Das Thema passt wie Faust auf das berühmte Auge … ich versuche ja auch gerade so den “richtigen” Weg (also Schreibstil) zu finden. Einen Schreibstil wo ich mich nicht verbiegen muss, der aber trotzdem jemanden anspricht. Ist nicht einfach.
    Nun hab ich bei diesem Artikel festgestellt, das du genau so schreibst, wie du es selbst im Artikel darstellst. Das gefällt mir sehr gut.
    Ich habe in meinen Kreisen (noch) eine Bloggerin, die ähnlich schreibt (also vom Stiel her). Leicht und locker gleiten die Augen über ihren und auch deinen Texten hinweg. Man muss nichts zweimal lesen weil ich nicht der Meinung bin ich hab was nicht verstanden oder ich hab was überlesen.
    Vielen Dank für diesen guten Beitrag.
    LG
    Ede-Peter

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  4. Pingback: Labor | frankfutt
  5. Gregor, sei gegrüßt!

    Über G+ gelangte ich zu Deinem neuen Post, so ist’s ja auch gedacht (schade aber, daß auf G+ die Kommentarmöglichkeit deaktiviert wurde ;-)

    Du möchtest also anständig sein (hörthört!) und dennoch unverfälscht (welch Unterfangen!) … und damit sind wir beim vielgepriesenen Authentischsein.

    Das spüren Leser.
    Das finden Leser gut.

    Nichts gegen die Stilkundebücher von Broder Christiansen oder Ludwig Reiners (einmal kurz-, einmal langgefaßt), und bestimmt gibt’s noch hundert andere Autoren zu diesem Thema.

    Doch für diesen Deinen Blog – bleib authentisch, keine verkrampften Klimmzüge. Und immer schön ‚tschuldjung sagen, wenn auf Entgleisungen hingewiesen wird. Gibt ja die Löschtaste.

    Da Du Dich doch (d-d-d-d) weitestgehend im Grif(fel) hast, sind solche Ausbrüche über die FSK-18-Schwelle wohl nicht zu befürchten – also: wohlauf, glückauf, weitersoho!

    Dir die Gute Feder & den Geschmeidigen Griffel, olálá. Allet Juute. Jrüszchn.

    Hermann

    Antworten
  6. Hallo Hermann!

    Ja, die deaktiviere ich bei den Beiträgen meistens. Bin halt ein Fan davon die Kommentare nach Möglichkeit hier zu sammeln. Das ist letzten Endes auch ein Plus – ganz ohne Google – für alle, die sich an einer eventuellen Diskussion beteiligen. :-)

    Vielen lieben Dank auch für die dezente Alliteration ;-) und die lieben Wünsche!

    LG
    Gregor

    Antworten
  7. Pingback: [Webmasterfriday]: Kein Gossenslang und -bitteschön- ohne Fremdwörter › Netzexil.de
  8. Hey, erfrischend ausführlicher Artikel.

    Bei den Kraftausdrücken bin ich etwas anderer Meinung, die stellen für mich ein No-Go dar
    (ausser es macht einen inhaltlichen wriklcih Sinn…)
    Das habe ich sehr ausführlich in meinem Beitrag zum Webmasterfriday dargelegt, ist aber sicherlich Geschmackssache.

    Großes Lob für das Bonmode “Pschyrembel rückwärts zu lesen”

    Beste Grüße

    Antworten
  9. Hallo 黒,

    Kraftausdrücke verwende ich nicht regelmäßig oder als bewusstes Stilmittel. Ich würde sie aber nie ausschließen. Manche Emotionen sollte man auch dementsprechend transportieren. Zumindest sehe ich das betreffend meines Blogs so. Dass solche Dinge in eine rein seriöse Abhandlung nicht hinein gehören, steht außer Frage. Allerdings würde ich mir “Seriosität” nicht zwingend auf die Stirn tätowieren. Das würde mir den Wind aus den aus Buchstaben gewebten Segeln nehmen. ;-)

    Solange es sich vermeiden lässt ohne die zugrunde liegende Emotion auch anderweitig transportieren zu können, bleibe ich lieber in blumigen Gefilden wie dem rückwärts gelesenen Pschyrembel. :-)

    Sinnloses, aber virales, überlasse ich “supergeilen” “Blasmusikern”, die sich “Eiswasser” über das virale Haupt gießen. ;-)

    Liebe Grüße und viel Erfolg mit der Bierkasse :prost:
    Gregor

    Antworten
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