Nicht zuletzt weil ich hier selbst schreibe, habe ich inzwischen nicht wenig Kontakt zu anderen (Buch-)AutorInnen. So folgte ich also den zahlreichen Aufrufen und Einladungen und bin gestern mit meinem großen Bruder nach Leipzig gefahren.
Ehrlich gesagt liegt mein letzter Besuch der Stadt auch schon einige Jahre zurück und auf der Leipziger Buchmesse (kurz LBM) war ich bis dato noch nie. Warum also nicht?
Schon die Tage zuvor war die Vorfreude groß. Ich freue mich immer, wenn ich Menschen treffen kann, mit denen ich sonst nur online Kontakt habe! Das sind – wie ich finde – meistens unheimlich wertvolle Momente. Denn der persönliche Kontakt prägt immer auf die ein oder andere Weise.
Berufs- und interessenbedingt habe ich in meinem Leben schon einige Messen aus den unterschiedlichsten Bereichen besucht. Dabei muss man zunächst einmal unterscheiden zwischen denen, die sich an Geschäftspartner richten, und denen, die „Otto-Normal-Verbraucher“ ansprechen wollen. Die LBM kommuniziert mitunter eine Ausrichtung auf die Leser. Insofern war ich sehr gespannt. Denn im Regelfall ist der Aufwand, den die Aussteller betreiben (müssen) bei solchen Veranstaltungen größer als bei rein fachlichen Zusammenkünften.
Die Hinfahrt
Man mag vom Preiskampf der Buslinien denken was man will, es war eine sehr günstige Alternative. Also fuhren wir mit dem Bus nach Leipzig. Dass niedrige Preise nur durch Abstriche finanziert werden können, war mir vorher klar. Allerdings fand ich es doch etwas unangenehm ausgerechnet an der Heizung zu sparen. In Leipzig angekommen hätte ich mir auch einen Zahnstocher in den Allerwertesten pieksen können und wäre problemlos als Eis am Stiel durchgegangen.
Nachdem die ausgestiegene Meute sich mit der touristenfreundlichen Beschilderung des Flughafens respektive des angeschlossenen S-Bahnhofs vertraut gemacht hatte, konnte es per Zug weiter zum Messegelände gehen.
Der Weg vom Bahnhof zu den Messehallen war einfacher zu finden. Da musste man bloß „Sailor Moon und Co.“ folgen.
(Ich hatte erst am Vorabend mitbekommen, dass in einer der Hallen parallel eine Manga-Convention veranstaltet wurde.)
Das Messegelände
Also zunächst muss ich sagen, dass das Gelände und die Organisation anderen mir bekannten Messe-Zentren in keiner Weise nachstehen. Allerdings waren die meisten Hallen doch recht dicht mit Ständen besiedelt, sodass die dadurch schmalen Wege von orientierungslosen Besuchern ständig verstopft waren. Das hätte man an manchen Stellen vielleicht besser entzerren können. Ich bin jedenfalls froh unter der Woche dort gewesen zu sein und möchte nicht wissen wie voll es beispielsweise heute sein dürfte.
Die Beschilderung war auf jeden Fall wesentlich intelligenter als die der Bahnhöfe zuvor!
An vielen Stellen gab es Orte für Vorleserunden, Diskussionen und ähnliches. Das hat man wirklich nett gelöst. Die thematische Ordnung der Hallen habe ich allerdings nicht wirklich verstanden. Irgendwie wirkte das wie ein angestrebtes, aber nicht durchgezogenes System – so mein subjektiver Eindruck.
Die Aussteller
Wie eingangs erwähnt, war ich auf das Auftreten der unterschiedlichen Aussteller gespannt. Der kritische Beobachter in mir schläft selten. Ich sehe solche Veranstaltungen also nicht nur aus meiner privaten Konsumenten-Perspektive, sondern gehe auch immer mit einem gewissen wirtschaftlichen Denken an die Betrachtung.
Die Unterschiede in den Präsentationsarten gingen weit auseinander. Die vermeintlich großen Verlage haben dabei in meinen Augen teilweise unterirdisch abgeschlossen. Ich versuche mal meine Denkweise zu erklären:
Wenn ich eine Messe für Verbraucher veranstalte, steht für mich persönlich fest, dass ich dem potenziellen Kunden das Eintrittsgeld genauso wie den Besuch selbst mit Vorteilen aufwiegen muss, die sowohl mein Image ihm gegenüber stärken, als auch einen Mehrwert bieten, der sich von einer zu groß geratenen Buchhandlung abhebt. Denn letztlich will ich mich und meine Produkte doch nicht nur zeigen, sondern auch an den Mann / Frau bringen, oder?
Bei einer reinen Fachmesse reicht dann vielleicht eine kleine Schale Bonbons aus. Denn hier trifft man sich und kommuniziert aus einem beiderseitigen wirtschaftlichen Interesse. Der Auftritt auf der Messe bzw. dessen Art ist nur ein Bonus und soll für eine angenehme Gesprächsatmosphäre sorgen. Bei Verbrauchern sieht das allerdings ganz anders aus. Hier muss man von einem orientierungslosen Etwas ausgehen, für dass ich mich wie ein balzender Vogel aus der Menge hervorheben muss, um ihm ein Ziel zu geben.
Versteh mich nicht falsch, ich meine damit nicht, dass man mit kostenloser Salami um sich werfen soll wie es auf der Grünen Woche hier in Berlin teilweise zur Tradition geworden ist. Aber ich muss doch wenigstens einen Anreiz bieten, der über teilnahmsloses Posieren neben den ggf. ohnehin bekannten Buch-Covern hinausgeht. Kleine Goodies, die im Verhältnis zu Standgebühren aus der Portokasse finanziert werden können, sind da der probateste Weg.
Mit Speck fängt man Mäuse!
Dass an einem Stand etwas verteilt wird, ist ein Anreiz, den der potenzielle Kunde / Leser bereits schon einige Meter entfernt wahrnimmt. Ist er dann erstmal da, muss ich ihn im übertragenen Sinne festhalten, begeistern, fesseln. Dass dies nicht wörtlich gemeint ist, sollte klar sein. Wobei „Fifty Shades of Messe-Marketing“ auch ein gewisses Potenzial hätte.
Um mal ein bei meinem Bruder aufgegangenes Konzept zu schildern: An einem Stand konnte man Karten von Mittelerde (Tolkien) mitnehmen. Als Appetizer gab es zwei Karten kostenlos zum Zugreifen. Das Werk mit den restlichen umfangreichen Materialien hingegen musste erworben werden. Es wird ein konkreter Reiz angesprochen und der Mehrwert verdeutlicht. Und zack war das Ding gekauft.
Klar, das ist jetzt kein Produkt für Jedermann. Aber darum geht es nicht. Ich will ja auch nicht Leute auf den Stand ziehen, die das angebotene Portfolio gar nicht interessiert. Aber die in diesem Fall tolkienbegeisterten Mäuse kriegten Speck und die Fangquote war dem nahezu aufgebrauchten Vorrat des kostenpflichtigen Werkes nach zu urteilen nicht schlecht.
Leider haben die wenigsten Aussteller in meinen Augen ein wirklich auf Verbraucher ausgerichtetes Marketing betrieben.
Umso (wirtschaftlich) kleiner die Aussteller, desto weniger waren die Blicke der VertreterInnen auf den Ständen durch Währungszeichen geprägt. An vielen dieser teilweise sicherlich vom letzten Notgroschen finanzierten Stände wurde ein offener persönlicher Kontakt gesucht und auch mit Wärme durchgeführt. Da habe ich mich angesprochen gefühlt! Denn mal ehrlich: Einem Anzugträger, der wie ein Kaufmann / Vertreter steril neben einem Produkt steht, kaufe ich nicht dasselbe ab wie jemandem mit dem ich mich in gleicher Form auch nett am Tresen unterhalten könnte.
Achtung, hier wird gebissen!
Nein es sind keine Hunde oder echte Bisse gemeint. Alle Briefträger dürfen aufatmen und die Messe besuchen.
Damit ist einer der dialoggeprägten Stände gemeint, an dem ich Elke Aybar getroffen habe. Und bevor ich es vergesse: Wenn Du dort auch vorbeischauen willst, wirst Du in Halle 5 an Stand C503 fündig!
Betrieben wird der Stand vom Schattenweltreport (mit dem ich mich mal näher beschäftigen muss).
Elke und ihre Buchreihe „Geheimnisse von Blut & Liebe“ habe ich durch Zufall über Google+ kennengelernt und ich habe mich unheimlich gefreut sie mal persönlich zu treffen. Unabhängig davon, dass ich schon ihr erstes Werk der Vampirgeschichte mochte (was eben auf anderer Ebene geschrieben ist als „Biss zu Erbrechen und Co.“), gehört sie zu den eingangs erwähnten AutorInnen, mit denen ich Kontakt habe. Ich schätze sie für ihre offene Art. Sie hat im übertragenen Sinne keinerlei Berührungsängste und spricht erfrischend transparent über ihr Schreiben. Ein in meinen Augen tolles Beispiel für die gepflegte Kommunikation mit Lesern und für mich durchaus eine Art Vorbild, wenngleich ich sie an dieser Stelle beruhigen kann, dass damit nicht die gesamte Tragweite des Begriffs gemeint ist.
Insofern war es schon obligatorisch den noch druckfrischen zweiten Teil der Reihe mit dem klangvollen Titel „Machtsteine“ zu erwerben und das Treffen per Foto festzuhalten!
Fällt Dir was auf? Der Kerl sieht aus, als hätte er auch versucht sich als Abbild einer Zeichnung zu verkleiden, oder?
Vielen Lieben Dank für deine kostbare Zeit und das tolle Gespräch, Elke!
Kuriositäten
Kuriose Gestalten und Stände blieben natürlich nicht aus. Dabei war das abgebildete Bundesamt für magische Wesen noch recht harmlos vergleichen mit den unzähligen kostümierten Besuchern der Manga-Convention.
Damit will ich übrigens keineswegs sagen, dass ich das negativ meine. Ich finde es schön, wenn Menschen in ihrem Hobby mit Leidenschaft aufgehen. Es ist teilweise echt krass gewesen wie viel Zeit und Geld manche für ihr Kostüm aufzuwenden scheinen. Und auch wenn es durch die große Zahl an Hausmädchen und Krankenschwestern zeitweise wie ein Mix aus Hotel und Intensivstation anmutete, war ich durchaus von dem Ambiente angetan. Wenn ich auch kein direkter Fan der Szene bin.
Aber auch der Besuch von Halle 1, wo die Comic-Fans auf ihre Kosten kamen, hat sich gelohnt. Besonders schön fand ich persönlich ein paar Kostüme, die Figuren bzw. deren unterschiedliche Outfits aus der Spiele-Reihe „Assassins Creed“ bis ins kleinste Detail nachempfunden waren. Denn davon wiederum bin ich definitiv ein Fan!
Allerdings wirkt es schon merkartig, wenn eine Dame – vollends auf zierliche Asiatin getrimmt – plötzlich in feinstem Sächsisch und der Tonlage eines Death-Metal-Sängers spricht. Aber wie gesagt: Ich bewundere gelebte Leidenschaft!
Die Rückfahrt
Nun, zunächst begegnete uns in der vorsichtshalber in Kauf genommenen Wartezeit am Flughafen ein gewisser Heino. Aber hey, ich lasse mich ja nicht mit jedem ablichten. (Sorry)
Der Bus kam erwartungsgemäß zu spät. Diesmal funktionierte aber wenigstens die Heizung, obgleich dafür der Rest litt. So kuschlig eng wie dieses Modell aus dem Museum für Verkehr und Technik war, hätten wir sie vielleicht gar nicht gebraucht.
Fazit: ein toller Tag
Auch wenn meine Kritik an manchen Dingen hier eine gewisse Oberhand zu nehmen scheint, hat es mir sehr gefallen! Das Übergewicht liegt viel mehr daran, dass ich Kritik ungerne einfach unbeschrieben in den Raum werfe. Deshalb sind diese Abschnitte etwas länger ausgefallen.
Solltest Du noch nicht dort gewesen sein und noch die Gelegenheit haben, dann kann ich Dir einen Besuch der LBM durchaus empfehlen!
Es liegt im Bereich des Möglichen, dass ich nächstes Jahr wieder vorbeischaue. Vielleicht sogar mit mehr Wiedererkennungswert als dem T-Shirt. Aber das wird die Zeit zeigen.
Abschließen noch ein Zitat Goethes, dass Leipzigern wahrscheinlich eher zum Halse raushängt als die Seele streichelt. Aber es ist in dem Zusammenhang einfach obligatorisch:
„Mein Leipzig lob ich mir! Es ist ein Klein-Paris und bildet seine Leute.“Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832), dt. Dichter
Hi Gregor,
lieben Dank für den Bericht und die ebenso professionellen wie privaten Perspektiven.
Also irgendwie bin ich jetzt tatsächlich neugierig geworden. Wer weiß? Vielleicht fahre ich da im kommenden Jahr auch mal hin.
Schönes Wochenende!
Ing:o)
Schauen wir mal und koordinieren das ggf. dann in einem Jahr, Ingo
LG
Gregor
Ein toller “Erfahrungsbericht” von einer Messe wo ich selbst noch nie war (und jetzt ist es zu spät, aus gesundheitlichen Gründen). Toll deine Kritik, die nicht zu emotional war, eher sachlich und konstruktiv. Hat mir sehr gefallen und das alles noch gepaart in deinem wunderbaren Schreibstil.
Deine dafür.
LG Ede
Sehr gern geschehen, Ede!