Berlin, ick liebe Dir!

Wie Du vielleicht weißt, sind beim Adventskalender einige Fragen bis dato unbeantwortet geblieben.

Ich habe versprochen, dass ich sie alle beantworten werde und in diesem Jahr damit weitermache.

Und genau damit möchte ich nun beginnen!

Die Fragen gehen in die unterschiedlichsten Richtungen und stoßen tolle Themen an. Manche drehen sich dabei um ähnliche Dinge oder haben andere Gemeinsamkeiten, so dass ich daraus Themenblöcke machen möchte.

Ein Thema, was doch mehrere interessiert, ist meine Heimat Berlin.

Und deshalb wird es mit dem heutigen Beitrag beginnend eine ganze Reihe dazu geben. Teilweise übers Jahr verteilt, weil es sich inhaltlich eben so anbietet. :-)

Beginnen möchte ich mit der Frage aller Fragen, wenn es um die eigene Heimat geht. Die hat mir Ulrike gestellt:

Was liebst du an Berlin? Was findest du ätzend?

Ick bin son richtjet Berlina Jewächs!

Foto vom Brandenburger Tor beim Festival of Lights 2014 mit lauter Herzen darauf und der Aufschrift „We (Herz) Berlin“
We love Berlin!

Das muss ich, glaube ich, einmal vorweg nehmen. Denn hier schmilzt so vieles unterschiedliches zusammen, dass ich mich damit manchmal schon echt als Rarität sehe. :D

Ja, ich bin hier geboren und lebe bis dato auch ununterbrochen in Berlin.

Doch, Du kommst hier keine hundert Schritte weit, ohne jemandem zu begegnen, dessen gebürtige Heimat nicht mindestens ein paar hundert Kilometer entfernt liegt.

Bei mir im Büro beispielsweise sind die wenigen Berliner dermaßen in der Unterzahl, dass, tut man das kund, man mit einem Mix aus Erstaunen und einem Hauch Mitleid beäugt wird. – Wobei ich in solchen Momenten gern übertrieben Mitleid zurückgebe mit der gewohnten berliner Freundlichkeit:

Du nich? Wat haste bloß die janzen Jahre davor jemacht in dem andern Kaff?:D :P

Was charakterisiert Berlin?

Eine Dose Berliner Luft
Berliner Luft – Ein Schnupperkurs

Nun, auch wenn es gern so durch die Medien geht, aber Berlin ist alles andere als sexy!

Wollen wir aber auch gar nicht sein! :D

Berlin stinkt! Berlin ist voll, laut, wächst wie Unkraut und assimiliert alles was nicht bei drei auf dem Baum ist.

Edith Hancke & Harald Juhnke - Berliner Luft 1979

Die Berliner Schnauze ist genauso berühmt wie die Currywurst. Dazu ist beides scharf, herzhaft und doch sehr individuell, je nachdem wo man darauf trifft.

Aus unzähligen Dörfern zusammengewachsen kommt Berlin mit dem Charme einer heranfliegenden Bratpfanne daher und schämt sich dessen nicht. – Im Gegenteil:

Wir Berliner sind stolz auf diesen irrwitzigen Mix, den wir Heimat nennen!

Manche behaupten, Berlin schläft nie. Das ist natürlich totaler Unfug! Wer das behauptet, hat von der Stadt nur einen Bruchteil gesehen und meint Berlin zu kennen. :P

Die Stadt ist einfach sehr, sehr groß. Das muss sie aber auch sein, denn sonst hätten wir für all die vielen Facetten gar keinen Platz.

Natürlich gibt es kleine Teile, die nie schlafen. Aber es gibt eben auch die „Berliner Jemütlichkeit“!

Berlin hat viele Bezirke, die so groß sind wie manch andere Stadt in Deutschland. Doch ein echter Berliner denkt und navigiert nicht nach Bezirk, sondern nach Kiez.

Da ist für jeden etwas dabei. Von Hipster, Juppie, Punk, Hippie bis hin zum piekfeinen Millionär findet hier jeder den richtigen Platz. – Und wenn nicht, wird man ihm mit Herzlichkeit und Wärme den Weg weisen:

Ey Mesta, Du west aba schon, dass de hier nich richtich bist, wa? Jeh hin wo de hinjehörst. Aba mach hinne!:D

Ja, wir tragen unser Herz auf der Zunge – direkt zwischen den behaarten Zähnen. ;-)
Nicht jeder versteht diese Art von Humor.

Eine Stadt, in der es Menschen gibt, die für notdürftig sanierte Altbauwohnungen (ehemals) mit Außentoilette Mieten zahlen, für die sie in München ein eigenes Häuschen haben könnten, nur weil sie in einer bestimmten Gegend liegen, kann eben nicht normal sein.

Harald Juhnke - Berlin Berlin 1992

Berlin ist grün!

Ganz abgesehen von Orten wie dem Britzer Garten, Botanischen Garten und Tiergarten haben wir eine echt hohe Zahl an Wäldchen, Parks und anderen Grünflächen in Berlin.

Gut, nicht alle sind gut gepflegt, aber man kann ja auch nicht immer alles haben, oder? ;-)

Mit Zoo und Tierpark haben wir zwei gänzlich unterschiedliche Zoos, die beide ihren ganz eigenen Charme haben.

Und auch wenn die Berliner Stadtreinigung mit lustigen Sprüchen versucht um mehr Aufmerksamkeit und Achtsamkeit der Einwohner zu werben, denke ich, dass wir im Verhältnis noch ganz okay mit unserer Umwelt umgehen, sie aktiv ins Stadtbild einbeziehen.

Da staunste Bauklötze, wa?

Ja, Berlin scheint oftmals eine einzige Baustelle mit einigen geflickten Flächen zu sein. Und genau da, wo man sich gerade noch freute nahezu hindernisfrei durchgekommen zu sein, fährt man über ein Schlagloch, das nach Regen problemlos als Nichtschwimmerbecken geeignet wäre. :D

Aber ich glaube ohne das hätten wir auch gar nicht genug zu meckern.

Ja, meckern gehört zu Berlin wie der Bär im Wappen. Das gewöhnen sich – nicht zuletzt auf Grund der Baustellen – auch Touristen sehr schnell an. ;-)

Dass hier ständig gebaut wird, ist ja auch logisch. Immer mehr Menschen wollen und kommen hierher. Berlin ist ein ständiges Projekt. Da kann es kein Ende geben!

Das vorhin schon angedeutete, andauernd wechselnde Stadtbild – je nach Kiez – ist einfach klasse. Eben noch in einer gepflegten Allee überquerst Du eine Straße und stehst vor wettergemarterten Fassaden umgeben von gemütlichen Leuten, Latte-Macchiato-Mamis, Punks – einfach einem bunten Mix, der Dir ganz sicher nicht den Weg zurück folgen würde.

Berlin ist tolerant

Hier findet sich alles und hier darf sich auch alles finden!

In Berlin wirst Du immer einen Platz finden wo genau Du genau so sein darfst wie Du es möchtest.

Liebst und lebst Du Berlin, wird Berlin auch Dich lieben. – So würde ich es mal versuchen auf den Punkt zu bringen.

Sei Du selbst, liebe Dich und Du wirst geliebt. – So ist das Leben, so ist Berlin. Und wer Dich dennoch schief anguckt, kommt nicht von hier! :-)

Fraglos haben wir hier immer noch ganze Gebiete in denen manch innere Uhr vor vielen Jahrzehnten geistig die Batterie entsorgt hat. Genauso wie in vielen anderen Gegenden dieses Landes. Aber das ist etwas, was in dem Fall für mich und meine Heimat nicht zählt. Denn diese Stadt wird sich niemals der Engstirnigkeit weniger beugen.

Der Frage zweiter Teil

Doch, bevor ich mich endgültig im Schwärmen verliere und vielleicht weiteren Beiträgen vorgreife, möchte ich auch auf den zweiten Teil von Ulrikes Frage eingehen.

Was finde ich ätzend an Berlin?

Nun, Berlin muss man lieben oder hassen. Etwas dazwischen gibt es, glaube ich, nicht. Und genau da liegt der Denkfehler mancher, die hierher ziehen. Sie kennen Berlin maximal aus dem Fernsehen und wollen unbedingt hierher. Warum? Weil es eben Berlin ist. – Ach so…

Gut, das mit dem Meckern haben diese Leute schon gelernt bevor die erste Umzugskiste die Wohnungstür passiert. :D

Nein, was ich meine, ist, dass es einfach viele nach Berlin verschlägt, die sich in keinem der vielen Bereiche hier wirklich wohlfühlen. Und oft – so mein Eindruck – liegt der Fehler darin, dass man Berlin vorher gar nicht wirklich in Augenschein genommen hat.

Nur, weil Berlin die Hauptstadt ist, ist das noch lange kein Grund hier zu leben. Das ist so, als würde ich nach Wolfsburg ziehen, weil ich Wölfe toll finde. Steckt ja im Namen, da muss ich mich doch wohlfühlen… ;-)

Das Resultat ist, dass es hier Menschen gibt, die auf Biegen und Brechen versuchen, Berlin an sich anzupassen. Das kann nicht funktionieren. Und ich finde es schade für alle Beteiligten. Denn man verschwendet Zeit und Liebesmüh. Deutschland und so viele andere Länder haben auch tolle Universitäten oder weltbekannte Straßenbilder, einen guten Ruf und und und.

Es lohnt sich nach Berlin zu kommen, hier zu leben – aber eben nur, wenn man Berlin liebt! :-)

Mein nächster Kritikpunkt ist das von Orientierungslosigkeit geprägte Bild im Öffentlichen Nahverkehr. Ich hasse es, wenn ich mit einem Dutzend anderer aus der Bahn steigen will und die, die sich eben ganz nach vorn gedrängelt haben, einen Fuß breit aus dem Zug steigen, verharren und das hirninterne Navi offensichtlich nach einem spontanen Stromausfall beginnt sich neuzustarten.

Und nein, das sind beileibe nicht immer Touristen! – Die Größe der Stadt hat eben auch ihre Tücken.

Ja, Berlin färbt diesen „Mir gehört die Welt“-Gedanken auf jeden ab, der hier ist. Aber manche denken, das auch voll ausleben zu müssen. Das nervt! :D

Allerdings führt es auch zu einer interessanten Versinnbildlichung der Ellenbogengesellschaft. ;-)

Abgesehen davon geht mir im übertragenen Sinne die Organisation auf den Zeiger. Also die werten Damen und Herren, die Berlin meinen zu lenken.

Da sind einfach so viele offensichtliche Probleme, die aus den unterschiedlichsten Gründen nicht angegangen werden. Gut, das ist ein Missstand, den wir ohnehin bundesweit haben. Aber ja, da habe ich so meine Probleme mit.

Aber dies nur als klitzekleiner und bewusst oberflächlicher Ausflug ist das hier weiterhin nicht vorkommende Thema Politik. :-)

Soweit zu meiner Liebe zu Berlin

Ich hoffe, dass ich die Frage zur Zufriedenheit beantwortet habe.

Es ist nicht die letzte zu Berlin und es wird weitere Beiträge rund um das Epizentrum charmanter Verbalentgleisungen geben!

Wenn Du Deine Eindrücke und Erfahrungen mit Berlin in den Kommentaren mit mir teilen und diskutieren möchtest, würde ich mich sehr darüber freuen! :-)

Oder um es anders zu sagen:

Ick hoff ma, Du hast wat für Dich mitjenommen. Aba meene Brieftasche lässte jefällichst liegen!

Und jetz krich die Finga inne Tasten, Menschenskind, und hab n schnieken Sonntach!

;-)

Teilen macht Freu(n)de!
Comic-Bild Gregor

Über den Autor

Ich bin Fachinformatiker, Berliner und ganz offensichtlich ein verrückter Blogger. Je nachdem überwiegt das ein oder andere.

Wer mehr über mich erfahren möchte, kann dies auf der „Über mich”-Seite tun, das Kontaktformular nutzen oder mich in einem der sozialen Netzwerke aufsuchen:

10 Kommentare zu „Berlin, ick liebe Dir!

  1. Ja, sehe ich alles genauso.
    Ich liebe diese meine Stadt, und könnte sie nie verlassen.
    Auch wenn ich mich einiges nervt, wie zum Beispiel die Unfähigkeit des Berliner Senats in vielen Dingen.
    Ich arbeite in Teltow, und muss mir immer wieder von Kollegen die im Umland wohnen anhören, wie man es in der Stadt aushält. Für mich hingegen ist alles andere Provinz, was mir unter einigen Kollegen wiederum keine Freunde gemacht hat. :-)

    Antworten
    • Hallo Andi,

      ja, damit macht man sich nicht unbedingt Freunde. Aber wenn sie das Echo nicht vertragen können… :D

      LG
      Gregor

  2. Hey Buddy,

    dit haste jut uff’n Punkt jebracht. Den Jrunewald will ick jern noch erjänzen. Da jeh’n wa dann mal ümm Sommer hin, ruff uff’n Teufelsberch, ‘n Bierchen züsch’n. ;)

    Jehabe Dir wohl, meen Besta. :)
    Ingo

    Antworten
    • Ey Keule, uffn Teufelsberch? Da hörn se ein doch ab, wa? :D

      Ja, ich habe nicht alle Grünanlagen aufgezählt. Wohl wahr. Und auch nicht sie Seen wie Wannsee, Schlachtensee, … – Und für kulturell interessierte haben wir sogar Mu-Seen :D

      LG
      Gregor

  3. Hallo Gregor,
    Berlin ist ein Moloch der die Menschen schon verschlingen kann. Die Stadt ist absolut Hip und alle möglichen Menschen werden von ihr magisch angezogen.
    Wie du schon schreibst – entweder man liebt Berlin oder man hasst es.
    Als geborener Hamburger finde ich “natürlich” Hamburg viel schöner, aber auch für diese Stadt kann ich mich nach so vielen Jahren nur noch bedingt begeistern. Zusammengefasst soll das bedeuten, das ich nicht mehr in einer Großstadt leben möchte. Was nicht heißt, dass ich den Rummel, das bunte Treiben, die vielen verschiedenen Menschen aller Colour und das breite Erlebnisfeld (sprich Kulturell) nicht vermissen würde – aber eben nur selten.
    Berlin ist mir persönlich zu unpersönlich (hahahha) und es gibt so wenige echte Berliner.
    Aber es sind Vorurteile, da ich das Berlin der “Neuzeit” nicht kenne (eben nur aus dn Medien). Im geteilten Berlin war ich mal vor “tausend” Jahren, aber auch nur kurz.
    Schönen Einblick den du uns da gewährst und ich bin gespannt auf weitere Berichte über diese Großstadt die sich immer noch im Wandel befindet.
    LG
    Ede-Peter

    Antworten
    • Hallo Ede,

      ja, man muss eben zum einen Großstädte im Allgemeinen mögen. Logisch.

      Berlin unpersönlich? Nun ja, in den Medien und den Orten, die sie abgrasen sicher. Keine Frage. Daher ja auch die Kiez-Geschichte. :-)

      Danke für Deinen Kommentar! Allerdings wirst Du Berlin nicht mit einem kurzen Besuch wirklich kennenlernen können. Da muss man sich Zeit und Kraft nehmen. :-)

      LG
      Gregor

  4. Ich freue mich darauf dieses Jahr mal mehr als nur einen Tag in Balin zu verbringen.
    Es soll eene janze Woche werden na.

    Erbost war ich aber trotzdem, dass ich vor kurzem anlässlich eines Eishockey-Spieles von den “Fans” der Eisbären beschimpft zu werden nur weil ich keinen Hehl daraus machte Fan “meines” Verein, des Bruder-Club, Hamburg Freezer zu sein.

    Nichtsdestotrotz, ick freu mich auf die eene Woche Deiner Heimat Gregor.

    Antworten
    • Hallo Holger,

      nun, Deppen gibt es überall. Da brauchst Du Dir nichts draus machen. :-)

      Berlin ist immer eine Reise wert!

      LG
      Gregor

  5. Dir den herzlichen Gruß ins Hauptdorf, lieber Gregor.
    Und mein Dank – Dein Text machte mir Freude.
    Sicher gibt’s in Berlin (wie leider überall) viel Übles.
    Aber wo viel Schatten ist, ist vielleicht auch viel Licht.
    Da bin ich also beim Idyllisieren und Idealisieren.
    Und Herr Kollo hilft mir hemmungslos dabei:
    https://www.youtube.com/watch?v=7ZzcfahgEZk
    … und mit der Musik lese ich Deinen Post nochmals ;-)
    Hermann

    Antworten
    • Hallo Hermann,

      Licht und Schatten gehen – wenn auch sichtbar getrennt – dennoch Hand in Hand durch die Welt. ;-)

      Ich freue mich, dass ich Dir eine Freude machen konnte!

      LG
      Gregor

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